
Auf hoher See…
Eine Woche mit der ‘Pelegrin’ unterwegs im ionischen Meer
Ein Segel-Törn auf einem nostalgischen Schiff zählt vermutlich zu den schönsten Segel-Abenteuern, die man sich erträumen kann; zumal dieses Segelgebiet (die Ionischen Inseln/Griechenland) auch die ‘Karibik des Mittelmeers’ genannt wird. Dies Gelegenheit bot sich mir mehr durch Zufall. Durch einen Bekannten wurde ich auf das Schiff aufmerksam. Er wusste, dass ich schon seit langem davon träumte, einmal auf einem solchen Schiff Zeit zu verbringen. Bei der Kontaktaufnahme mit der Eigentümerin stellte sich heraus, dass der Zeitpunkt günstig war diesen Traum wahr werden zu lassen. Wegen der Pandemie hat die ‘Pelegrin’ den Hafen von Benitses bei Korfu Stadt in Griechenland in den letzten zwei Jahren nicht mehr mit Gästen an Bord verlassen. Der Neustart stand kurz bevor und so konnte ich mir einen Platz auf der Teilnehmerliste sichern, um bei diesem ersten Törn nach der Pandemie dabei zu sein. Nach der Absage von vier Personen, war es dann lange Zeit unklar, ob diese Reise stattfinden kann. Flug und Hotel für An- und Abreise waren schon gebucht und so hoffte ich, dass sie das bald klären wird. Eine knappe Woche vor Start dann die Information, dass die Reise trotzdem stattfinde und ich als Upgrade die Bugkabine erhalte, weil wir nur drei Personen als Gäste an Bord seien. Hurra!
Am Samstag, 28. Mai war es dann soweit. Der Flug nach Korfu-Stadt dauerte knapp zwei Stunden ab Zürich. Ich war seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr in Griechenland gewesen und noch nie auf der Italien zugewandten Seite des Festlandes. Die Fahrt vom Flughafen in die Stadt war eine Zumutung. Keine Informationen über Enddestination oder Fahrzeit und kaum Personen, die englisch sprechen konnten. Mit dreimaligem Umsteigen und viel Warterei hat es dann geklappt und ich stand vor der ‘Pelegrin’. Leja - der Skipper - begrüsste mich in etwas gar kühler Art und zeigte mir meine Kajüte. Wie angeboten durfte ich in die Bugkabine einziehen. Ganz vorne führte eine Lucke mit einer steilen Leiter in den Bauch des Schiffs. Die Kajüte war eng und es roch nach Treibstoff. Ich machte mich auf und verliess das Schiff, um einen Spziergang an der Promenade von Benitses zu machen. Benitses ist ein kleines Nest, etwa eine hlabe Autostunde südlich von Korfu Stadt, das ausschliesslich vom Tourismus lebt und nur aus Andenkenläden und Restaurants bestand. Alles wirkte etwas schäbig und schmutzig. Es wurde mir wieder bewusst, wie sauber es bei uns zu Hause in der Schweiz ist.
Als ich zurück auf dem Schiff ankam, waren die andern Mitreisenden auch eingetroffen. Angelique und Marc, zwei junge Fitnesstrainer aus dem Baselland. Das wird lustig werden, dachte ich mir…



Am Sonntagmorgen um sieben Uhr lief die ‘Pelegrin’ aus und nahm Kurs auf Sivota auf dem Festland. Gegessen wurde unterwegs. Gekocht wurde von Leja, dem Skipper. Frühstück und Mittagessen gab es jeweils auf dem Schiff, meist in voller Fahrt. Etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man sich nicht gewohnt ist, sich auf bewegter See zu bewegen und so war ich froh, dass ich nicht seekrank wurde. Am Abend gingen wir jeweils alle zusammen im Hafen, in dem wir angelegt hatten, in eine Taverne. Leja der Skipper, bewachte das Schiff und war nicht dabei.
Die Tage gingen so schnell vorüber mit viel Lesen, Baden im türkisfarbenen Wasser und bei gutem Essen in den Kneipen in den Buchten, in welchen ein Schiff unserer Grösse anlegen konnte.
Unsere Reise führte von Sivota zur Insel Paxos, wo wir eine Nacht im Hafen von Lakka verbrachten. Gaios, ebenfalls auf Paxos, war der nächste Hafen. Danach gings zur kleinen Insel Antipaxos nach Voutoumi. In Lakka machten wir wegen schlechtem Wetter nochmals Halt, um dort die Nacht im sicheren Hafen zu verbringen. Über Logos auf Paxos ging es dann nach Arilas auf dem Festland und von dort zurück nach Benitses. Etwa einen Drittel konnten wir segeln, zwei Drittel mussten wir mit Motor fahren. Schade! aber doch einige Stunden unter Wind zu segeln ist ein unbeschreibliches Gefühl und natürlich das, was man sich unter einem Törn auf einem Segelschiff vorstellt.







Das Highlight dieser Woche waren sicher die Delfine. Zweimal sind uns Delfine begegnet und vor dem Bug für längere Zeit gefolgt. Eine Delfinschule, wie diese Gruppen genannt werden, umfasst bis zu zwanzig Tiere. Die Einen schwimmen parallel vor dem Bug, während andere in hoher Geschwindigkeit seitlich wegrasen und in Sekundenschnelle weit weg vom Schiff wieder aufspringen. Es war ein unglaubliches Gefühl so etwas auf hoher See sehen zu dürfen.
Ein weiteres Highlight dieser Reisie war sicher auch diese Weite des Meeres. Obwohl wir uns hier im Vergleich zu den grossen Ozeanen in kleinen Wasserflächen befanden, war diese Weite und die Perspektiven, die kein Land mehr zeigten, immens.
Die Stimmung in den kleinen Dörfern am Hafen am Abend, mit der Musik aus den Tavernen, die Farben, das Licht und die Gerüche, sind ebenfalls Erinnerungen die unauslöschbar bleiben werden. Für mich hat diese Woche einen Traum erfüllt und eine Sehnsucht geweckt.

Ein paar Fakten zum Schiff ‘Pelegrin’
Das ursprüngliche Schiff wurde 1912 sehr solide aus Eichen- und Mahagoni-Holz gebaut und mit gleichem Material (1989-1990) von Grund auf renoviert und gleichzeitig zu einer ‘Brigantine’ erweitert. Dank der jährlicher Wartung durch Fach-Spezialisten, der liebevollen Pflege durch Skipper Leja & Crew sowie der zeitgemässen technischen Ausstattung, ist die heute 105-jährige PELEGRIN in einem tadellosen Zustand. Sie vermittelt eine unvergessliche Piratenschiff-Romantik. Die PELEGRIN gehört zu den meist fotografierten Schiffen im Mittelmeer, sagt Simona Schorno, die Eigentümerin aus Winterhur.
Was ist eine ‘Brigantine’? Ein Segelschiff mit zwei Masten, deren vordere mit Fockmast, der hintere mit Grossmast bezeichnet werden. Ursprünglich wurde unter einer Brigantine ein kleineres Segel-Kriegsschiff (auch ‘Piratenschiff’) verstanden, das auch gerudert werden konnte. Bug und Heck waren gegenüber den Galeeren erhöht, so dass dieser Typ einen Vorteil bei der Verteidigung hatte und zugleich wendig und seetüchtig war. Verbreitet war diese Art von Schiffsbau ab dem 16. Jahrhundert – insbesondere im Mittelmeerraum. Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Bezeichnung in Nordwest-Europa auf zweimastige, rahgetakelte Segelschiffe übertragen.
Baujahr 1912 (komplette Renovation 1990)
Baumaterial: Eiche und Mahagoni
Segelfläche: 185 m2
Gewicht: 38 Tonnen
Länge: 21 m / Breite: 4,7 m / Tiefgang: 1,7 m
Mercedes-Motor : 130 PS
Geschwindigkeit: 8 Kn